Essen im offenen Ganztag – Herausforderung, Verantwortung und Mitbestimmung
Knapp 700 Kinder nehmen in Bad Honnef täglich am offenen Ganztag der Grundschulen und des Siebengebirgsgymnasiums teil. Für sie ist das gemeinsame Mittagessen ein fester Bestandteil des Tages. Essen im Ganztag bedeutet hier aber mehr als nur ‚Hunger stillen‘: Es geht um Gesundheit, Geschmack, Gemeinschaft und nicht zuletzt auch um Bildung.
Die Organisation dahinter ist anspruchsvoll. Jeden Tag müssen mehrere Hundert Mahlzeiten an vier Standorten in Bad Honnef zuverlässig auf den Tisch kommen. Unterschiedliche Vorlieben, Essgewohnheiten, Allergien und kulturelle Hintergründe der Kinder sollen dabei berücksichtigt werden. Dass dies unter den gegebenen Bedingungen gelingt, ist eine dauerhafte Herausforderung.
Seit vielen Jahren arbeitet der Stadtjugendring mit dem Anbieter Apetito zusammen. Die Mahlzeiten werden tiefgefroren angeliefert und nach dem „Freeze and Cook“-Verfahren vor Ort in Konvektomaten schonend erhitzt.
An jedem Standort arbeiten drei bis vier fest angestellte Küchenkräfte und bereiten das Essen vor Ort zu. Obst und Gemüse wird regional gekauft und frisch dazu ‚geschnibbelt‘. Nachtisch wird regelmäßig liebevoll zubereitet. Wenn zum Beispiel Jürgen Wessel in der St. Martinus Grundschule seine berühmten Spezialitäten backt und der ganze Raum duftet oder an der Montessori Grundschule auf jeden Pudding eine Himbeere kommt, weil ‚das Auge ja mitisst‘, dann merkt man, dass es hier um mehr geht als um Massenversorgung. Auch die MitarbeiterInnen der Küchen kennen die Kinder mit Namen. Wer keine Sauce mag und wer immer doppelt Salat nimmt, das wissen die KollegInnen genau. Das Verfahren nach Bedarf aufzutauen, ermöglicht es vor Ort flexibel zu reagieren.
Gestiegene Kosten belasten das System
Aber in den vergangenen Jahren sind die Kosten massiv gestiegen: Lebensmittelpreise, Energie, Personalkosten – alles schlägt inzwischen deutlich stärker zu Buche. Das wirkt sich auch auf den Ganztag aus. „Wir stehen täglich vor der Aufgabe, unter diesen Bedingungen gutes und leckeres Essen anzubieten, das gleichzeitig bezahlbar bleibt“, erklärt Laura Solzbacher, Geschäftsführerin der gemeinnützigen GmbH. „Das ist nicht einfach. Man hört ja immer wieder, wie schlecht das Essen an Schulen ist und wie häufig es ‚immer das Gleiche‘ gibt. In der Tat ist es eine Herausforderung gesund, frisch und abwechslungsreich für kleines Budget Mittagessen anzubieten.“
Partizipation als wichtiger Faktor – Kinder reden mit
Besonders wichtig ist es, die Kinder an der Gestaltung des Essens zu beteiligen. An allen Standorten gibt es Partizipationsformate: Mit Bildkarten wählen Kinder ihre Lieblingsgerichte, sie können in Sprechstunden oder über Feedback-Briefkästen Rückmeldungen geben, und einige OGS-Standorte haben sich sogar Kinder-Küchenteams gebildet. Es gibt es eine eigene AG, die Vorschläge sammelt und mit den OGS-Teams diskutiert.
So erleben die Kinder, dass ihre Meinung zählt und Veränderungen bewirken kann und sie lernen zugleich etwas über Verantwortung, Gemeinschaft und gesunde Ernährung.
Das Mittagessen ist aber nicht nur eine logistische Aufgabe, sondern auch eine pädagogische. Die Teams in der OGS nutzen die Mahlzeiten, um Tischkultur, Rücksichtnahme und Wertschätzung für Lebensmittel zu vermitteln. Auch Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung spielen dabei eine Rolle. Trotz steigender Preise und der großen organisatorischen Herausforderungen bleibt das Ziel des Stadtjugendrings klar: Die Kinder sollen sich beim Mittagessen wohlfühlen. „Essen ist ein Stück Lebensqualität, gerade im Ganztag. Wir arbeiten deshalb weiter daran, die Qualität zu verbessern und das Essen für die Kinder zu einem positiven Erlebnis zu machen“, unterstreicht Hille Staß, pädagogische Leitung.
Fotocredits by Jannis Franke