Abschied nach 35 Jahren Ehrenamt

Er ist der Erfinder von R(h)einspaziert auf der Insel Grafenwerth, der Paradeveranstaltung des Stadtjugendrings Bad Honnef. Marcelo Peerenboom hat ihn geprägt in 35 Vorstandsjahren wie kein anderer. Bei der jüngsten Delegiertenversammlung kandidierte der frühere Vorsitzende, der zuletzt als Finanzminister agierte, nicht wieder. Warum eigentlich nicht, fragte GA-Mitarbeiterin Roswitha Oschmann den fast 54-Jährigen bei einer Zeitreise von 1990 bis 2025.

Marcelo Peerenboom: Ich wollte eigentlich schon viel früher den Absprung schaffen, wurde aber immer wieder gebeten, zumindest die Finanzen weiter zu betreuen. Nun hat sich mit Linus Neunkirchen ein engagierter junger Mann gefunden, bei dem ich das Amt in guten Händen weiß.

Lauerte manchmal die Gefahr, zum Berufsjugendlichen abgestempelt zu werden?

Peerenboom: Auf jeden Fall! Ich war viele Jahre auch Betreuer bei der Feriennaherholung. Als die ersten Kinder anfingen, mich zu siezen, kam ich mir plötzlich schrecklich alt vor. Dennoch hat mir die Arbeit im Vorstand des Stadtjugendrings zu jeder Zeit großen Spaß gemacht. Wir haben in den vielen Jahren wirklich viel erreicht und den Stadtjugendring von einem kleinen Zusammenschluss einiger Vereine zu einem bedeutenden Verband entwickelt, der heute für acht Einrichtungen, rund 100 Beschäftigte und eine Vielzahl von Veranstaltungen und Projekten verantwortlich ist.

Um wie viele Jahre sind Sie gealtert, als bei R(h)einspaziert 2024 eine Unwetterwarnung für die Region und die Insel Grafenwerth ausgerechnet bei Ihrem letzten Mal in Verantwortung das vorzeitige Ende bedeutete?

Peerenboom: Es hat mir förmlich das Herz gebrochen. Ich hatte ja schon frühzeitig angekündigt, mich aus dem Vorstand zurückzuziehen. Daher war klar: Das ist mein letztes R(h)einspaziert. Ich hatte das Festival gemeinsam mit anderen 1992 aus der Taufe gehoben. Es kam mir daher vor, als würde ich diese Veranstaltungsreihe jetzt auch noch zu Grabe tragen. Die große Welle der Solidarität, die wir danach erfahren durften, hat mich aber wieder versöhnt, und ich freue mich auf das nächste Festival im Sommer, wenn hoffentlich die Sonne scheint.

War auch eher scherzhaft gemeint, denn die richtig dicken Herausforderungen für den Stadtjugendring liegen mittlerweile wohl doch eher im Bereich des OGS-Engagements?! In Ihrer Zeit übernahm der Stadtjugendring immer mehr Verantwortung – nicht nur allein der Freizeitbereich mit Haus der Jugend und Jugendtreff sowie der Feriennaherholung wurden abgedeckt, sondern auch die immer stärker nachgefragte Nachmittagsbetreuung für Schüler.

Peerenboom: 1998 hatte ich die Fusion des Stadtjugendrings mit dem damaligen Trägerverein der Jugendhäuser eingeleitet. Ich war in beiden Vorständen aktiv und sah große Potenziale in einem Zusammenschluss. Das gelang. Damit war der Stadtjugendring mit einem Mal auch Arbeitgeber und für nennenswerte Etats verantwortlich. Ich war damals 28 Jahre alt und damit als „Chef“ deutlich jünger als alle Angestellten.

Wie kam es zur Idee, diese anspruchsvolle Betreuung der Grundschulkinder am Nachmittag zu übernehmen neben dem Betrieb vom Haus der Jugend im Tal- und im Bergbereich? Was bedeutete das für den Stadtjugendring, der damit die Verantwortung für Kinder und gleichzeitig für angestellte Mitarbeiter und ein erhebliches Finanzvolumen übernommen hat?

Peerenboom: Nachdem wir die Trägerschaft über die beiden Jugendhäuser übernommen hatten, wurde die Zusammenarbeit mit der Stadt immer intensiver. Ein Jahr später trug uns die Stadt dann die Trägerschaft für die Schulbetreuung an. Als „Hypothek“ hatte uns die Stadt ein Defizit von 60.000 D-Mark mitgegeben, das ich mit meiner damaligen Vorstandskollegin Cornelia Nasner innerhalb weniger Wochen komplett beseitigen konnte. Der Stadtjugendring gewann an Bedeutung und Relevanz. Wir sind seitdem ein wichtiger und verlässlicher Partner, wenn es um Angebote für Kinder und Jugendliche geht. Es bedeutet aber auch viel Arbeit und bringt ein hohes Maß an Verantwortung mit sich.

Da waren die Feriennaherholungs-Maßnahmen jeden Sommer der reinste Spaziergang, obwohl die Eltern-Schlangen bei den Anmeldungen für einen der begehrten Plätze früher auch Nerven kosteten, oder?

Peerenboom: Als wir 1989 die erste Feriennaherholung in Bad Honnef durchführten, merkten wir schon, wie gut und wichtig dieses Angebot ist. Sechs Wochen Sommerferien sind für Eltern eine echte Herausforderung. Da bieten wir mit unserer zweiwöchigen Ferienaktion ein tolles Angebot, das den Kindern  Spaß macht und Eltern Entlastung bietet. Kein Wunder also, dass die Anmeldezahlen von Jahr zu Jahr stiegen. Die langen Schlagen vor unserer Geschäftsstelle kosteten tatsächlich Nerven. Mittlerweile funktioniert das aber zum Glück alles digital und nervenschonend.

Gab es auch mal Stress, richtig lustige Geschichten mit den Ferienkindern? Damals ging es jedes Jahr noch zur Freilichtbühne nach Freudenberg. Mal abgesehen von der Spaghetti-Schlacht zum Auftakt bei den Wirten am Marktplatz?

Peerenboom: Wir hatten immer sehr viel Spaß und konnten mit den Kindern eine unbeschwerte Zeit verbringen. Es gab viele wundervolle Momente, an die ich gerne zurückdenke. Bei gutem Wetter sind wir mit den Kindern oft in langer Zweierreihe durch die Stadt bis zur Insel Grafenwerth marschiert. Dann blieben Leute stehen und winkten uns fröhlich zu. Einmal steckte mir eine Passantin Geld zu und meinte: Geben Sie den Kindern mal ein Eis aus.

Wie war Ihr erster Kontakt zum Stadtjugendring? In der Disco oder schon als Betreuer? Und dann kamen Sie nicht mehr los? Was hat Sie so fasziniert an der Jugendarbeit, was hat Sie Ihnen vielleicht auch gegeben?

Peerenboom: Ich bin 1988 buchstäblich in den Vorstand des Stadtjugendring Königswinter gestolpert, ohne zu wissen, was das überhaupt für ein Verein ist. Ich war damals Schülersprecher des Gymnasiums am Petersberg und bekam eine Einladung zur Jahreshauptversammlung des Stadtjugendrings. Da ging ich hin und wurde in einer Sitzungsunterbrechung von Stephan Bläsner „bequatscht“, als Geschäftsführer zu kandieren. Es war der Beginn einer für mich sehr wertvollen Zeit. Ich bin mit großer Neugier und Begeisterung in alle Felder der Jugendarbeit vorgestoßen und habe wundervolle Menschen kennengelernt. Vor allem die damalige Jugendpflegerin Irmgard Schillo war eine große Motivatorin und hat gemeinsam mit mir und vielen anderen sehr viel bewegt und angestoßen. Ohne sie wäre vieles anders gelaufen.

Den Vorsitz zu übernehmen lag in Ihrer Natur – gerne bereit, Verantwortung zu übernehmen und dafür auch viel Zeit dafür zu investieren?

Peerenboom: Ich war schon immer ein engagierter Mensch, der sich gern reinkniet. In der Schule hatte ich die Schülerzeitung geleitet, dann im Stadtjugendring Königswinter mit 18 große Verantwortung übernommen und dies dann in Bad Honnef nahtlos fortgesetzt. Ich hatte immer großen Spaß daran, etwas zu gestalten, Neues auszuprobieren und mit anderen etwas zu bewegen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es immer Menschen gab, die mir und meinem Team das nötige Vertrauen entgegengebracht haben. Ohne dieses Vertrauen auf der anderen Seite und den Mut, den meine Vorstandskollegen und ich hatten, gäbe es den Stadtjugendring nicht in seiner heutigen Form.

Worauf sind Sie stolz, welche Höhepunkte haben Sie mit dem Stadtjugendring erlebt?

Peerenboom: Ich bin schon ein wenig stolz darauf, dass der Stadtjugendring Bad Honnef ein professioneller Jugendverband und ein verlässlicher Partner der Stadt ist. Ich kenne in Deutschland keinen Jugendring, der eine solche Entwicklung hingelegt hat. Es gibt praktisch kein Kind in dieser Stadt, das nicht mindestens einmal mit einem Angebot des Vereins in Berührung gekommen ist. Und was Höhepunkte angeht: Das erste R(h)einspaziert nach der Corona-Pause, wo Tausende auf die Insel geströmt sind, war für mich ein echtes Highlight.

Werden Sie heute noch oft auf der Straße von Müttern oder Teilnehmern angesprochen, die sich an die schöne Zeit in der Feriennaherholung oder im Haus der Jugend erinnern?

Peerenboom: Es ist schon ein bisschen verrückt. Da ich schon so lange dabei bin, ist schon die nächste Generation am Start. Wir haben Mitarbeiterinnen, die selbst einmal als Kind an der Feriennaherholung teilgenommen haben. Oder nehmen Sie unseren Vorsitzenden Marius Nisslmüller: Er war selbst einmal OGS-Kind und ist heute Vorgesetzter von Betreuerinnen, die ihm damals bei Hausaufgaben geholfen haben.

Was machen Sie am 30. August 2025?

Peerenboom: Da werde ich mit große Vergnügen vor der Bühne von R(h)einspaziert stehen und mich freuen, dass es dieses Festival weiterhin gibt und mir sagen: Niemand ist unersetzbar.

Zur Person

Marcelo Peerenboom vollendet Ende April sein 55. Lebensjahr. Er wurde in Königswinter geboren, ist von Beruf Journalist. Bei der Honnefer Volkszeitung absolvierte er nach dem Abitur am Petersberggymnasium und Studium in Bonn sein Volontariat und seine ersten Berufsjahre, wechselte dann zur Rhein-Zeitung und ist mittlerweile Leiter der Unternehmenskommunikation der Energieversorgung Mittelrhein in Koblenz. Mit seinem Mann lebt er in Neustadt/Wied.

Der Stadtjugendring

Der Stadtjugendring Bad Honnef hat aktuell 39 Mitgliedsverbände und 23 Fördermitglieder. Er wurde im April 1977 gegründet, ist eine Arbeitsgemeinschaft und ein Lobbyist. Er tritt dafür ein, dass die Kinder- und Jugendarbeit finanziell, räumlich und personell gut ausgestattet ist. Der Stadtjugendring versteht sich darüber hinaus als Sprachrohr der Kinder und Jugendlichen. Stellvertretend für die junge Generation verschafft sich der Verein Gehör und setzt sich für die Belange der Kinder und Jugendlichen ein. 1998 übernahm er die Trägerschaft der beiden Jugendzentren: das Haus der Jugend Bad Honnef und den Jugendtreff Aegidienberg. Im August 1999 übernahm der Stadtjugendring auch den Betrieb der Betreuungseinrichtungen an vier Bad Honnefer Grundschulen. Ab August 2007 führte der Verein die Übermittagbetreuung am Siebengebirgsgymnasium, das Sibi Plus für die 5. und 6. Klassen, durch. 2013 gründete er die Stadtjugendring Bad Honnef gemeinnützige Träger GmbH für diese Aufgaben.

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